Newsletter 111

2/2017

Bibelwoche in Bad Frankenhausen „Bist du es ?“ – Texte aus dem Matthäusevangelium

Nachdem uns die Bibelwoche im vergangenen Jahr viel Freude gemacht hat, hat der Vorbereitungskreis auch diesmal einen Rahmen für die „Neue“ gestrickt. Dabei konnten wir auf Erfahrungen zurückgreifen, die sich 2016 bestens bewährt haben.
Und die heißen: ein kleiner Imbiß zu Beginn sorgt für einen entspannten Anfang, der biblische Impuls hat wirklich nur die Länge eines Impulses und in der Mitte des Abends steht das Gespräch. Dazu kommen Lieder und Gebete.
So haben wirs geplant, und nun sind wir gespannt auf die Themen, zu denen uns die Texte aus dem Matthäusevangelium führen werden.

Als Gesprächsleiter haben wir uns eingeladen am Montag Prediger David Israel von der Landeskirchlichen Gemeinschaft, am Dienstag Pfarrer Clemens Dzikowski, der seit Ende 2016 katholischer Militärseelsorger in der Kaserne Bad Frankenhausen ist, am Mittwoch Michael Göpfert von der Kirchenkreissozialarbeit, am Donnerstag Pfarrer Johannes Preis von der katholischen Gemeinde und am Freitag Pfarrerin Magdalena Seifert von der evangelischen Gemeinde.
Wir freuen uns auf diese Zeit der Gemeinschaft miteinander und mit dem biblischen Wort und laden herzlich ein nach Bad Frankenhausen:
13. – 17.Februar jeweils ab 18.30 Uhr im Gemeindesaal der Unterkirche bis 20.30 Uhr

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Konzert mit Ansage Nr. 2

„Luther, der Barde und der Freak“
Zu zwei Konzerten unter dieser Überschrift wurde in unserem Kirchenkreis eingeladen. Zunächst am Freitag, den 10.2. 19:00 Uhr in die Klosterkirche Volkenroda und am Samstag, den 11.2. 17:00 Uhr in die Kirche Rohnstedt. Gestaltet wurden diese Konzerte durch Martin Dreyer aus Berlin, bekannt als der Verfasser der sogenannten und heiß umstrittenen „Volxbibel“ und von Pfarrer Süpke aus Oldisleben, der den Menschen mit seinen Liedern die Themen der Reformation nahebringt.
In Volkenroda gab es zu Beginn leider erhebliche Startschwierigkeiten. Die Anlage der kleinen Band (zwei Gitarren und ein Cajon) war zwar zuvor aufgebaut und getestet worden, dennoch gab es in den ersten zwanzig Minuten erhebliche Schwierigkeiten mit der Akustik. Die Akteure behielten die Nerven, passten sich Stück für Stück an und so wurde es doch für die zahlreichen Besucher, die bis zum Ende aushielten, ein nachdenklicher und auch berührender Abend.
Worum ging es?
Pfarrer Süpke stellte in einem rockigen Bänkellied die Frage: „War nun Luther reinlich heilig oder peinlich unverzeihlich?“ Er echauffierte sich darüber, dass Luther zwar viel – und oft zurecht – kritisiert wird. Aber leben wir das Gute, was er neu ans Licht brachte wie die Gnade und das Vertrauen in Jesus Christus, heute mit unserem Leben vor?
Sind wir den Menschen unserer Zeit nahe – auch in unserer Musik und unserer Sprache? Berühmte Lieder des Reformators waren Gassenhauer. Jetzt sind sie Kulturgut und stehen im Gesangbuch. Dennoch ziert sich die Kirche Gassenhauer von heute zu benutzen, um mit ihnen die frohe Botschaft von der Liebe Gottes in Jesus Christus weiter zu sagen.

Pfarrer Süpke zierte sich nicht an beiden Abenden und brachte bekannte Songs aus der Hippiezeit zum Klingen, um damit zum Glauben einzuladen. Seine musikalische Frage und Empfehlung zum Thema lautete:

„Sag mir, was ist Reformation? / Weißt Du das im Herzen schon?
Kannst Du Gott total vertrauen / und auf seine Gnade bauen –
Hol die Thesen, lies noch mal von vorn.“

Martin Dreyer wiederum hat sich ganz der Frage nach einer modernen Sprache für die Bibel gestellt und dem Volk noch mal intensiver „aufs Maul geschaut“, wie Luther es formulierte. Er kam in einem Jugendzentrum in Köln auf diesen Gedanken. Denn die Jugendlichen waren so entkirchlicht, dass sie bei „Heiliger Geist“ nicht an die Dreieinigkeit dachten, sondern an einen Schnaps.

Und Sünde bedeutete für sie: „Wir hatten Spaß am Wochenende auf der Party – warum sollte Jesus für so was sterben? Ist nicht nötig!“
So entstand die Volxbibel und wurde das am meisten verkaufte Taschenbuch Deutschlands.

In einem Buchverlag entstand die Idee, in dieser abgefahrenen Sprache ein Buch mit Luthertexten herauszugeben. Dieser Herausforderung hat sich Martin Dreyer gestellt und seine Luthertexte können sich hören (und lesen) lassen. Und zwar in dem Buch „Martin reloaded – Luthers Schriften für alle“.

„Ein feste Burg ist unser Gott“ ist jetzt ein Rap und beginnt so: „Mein Gott ist ein fester Tower, mit ihm kämpf ich voller Power.“
Oder „Nun freut euch lieben Christengmein…“: ‚“Jetzt freut euch Christen, geht mal ab!...“

Die Zuhörer gingen mit, sie hatten Freude am Zuhören, es wurde viel gelacht aber auch nachdenklich genickt. Vielleicht waren diese Abende ein Anstoß neu zu fragen, ob wir noch auf dem Weg zur Reformation sind. Über Volxbibel und über Martin Luther kann viel Nachdenkliches gesagt werden. Aber die Frage bleibt: Wo ist die Kraft der Reformation, die mal ein ganzes Land bewegt hat? Um es mit dem Luther – Rap zu sagen: „Dabei wär es so einfach, wenn sich jeder fragt, was die Bibel heute so zu seinem Leben sagt.“

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DENK MAL nach

Am 07.02. gab es eine große Aufregung in der Hauptstadt des Freistaates Sachsen. Ein Dresdner Künstler mit syrischen Wurzeln (er sprach vom Doppel-D für Dresden und Damaszener [Damaskus]), Manaf Halbouni, hat doch tatsächlich gewagt, ein Bild, das sich in Aleppo während des Bürgerkrieges bot, und drei aufrecht gestellte Busse als Schutzschilde vor dem Dauerbeschuss einer Straße zeigt, in das schöne Dresden, genauer auf den Neumarkt, einen Steinwurf weit von der wiederaufgebauten Frauenkirche, zu implementieren.

Zeitlich befristet soll so auf den Bürgerkrieg in Syrien hingewiesen werden, der Tausende in die Flucht (auch zu uns, vor allem aber in den Libanon oder die Türkei) treibt. Dass dabei die aus Trümmern wieder aufgebaute Frauenkirche als Kontrast dient, könnte nicht sinnfälliger sein, denn Krieg und Frieden sind hierzulande nicht wirkmächtiger nebeneinander zu stellen. Zudem ist die Frauenkirche ein Symbol dafür, dass der menschliche Wille aus den zerstörtesten Dingen wieder Neues zu schaffen vermag. So weit so gut.

Nun schickte es sich aber, dass am Eröffnungstag, wie in Deutschland üblich, einige Reden gehalten werden sollten. Der Oberbürgermeister von Dresden, Dirk Hilbert, und der Pfarrer der Frauenkirche konnten ihre Reden nicht halten, weil sie von „besorgten Bürgern“ als „Volksverräter“ beschimpft und das Mahnmal als „Schrottplatz“ und „entartete Kunst“ tituliert wurden.

Der ebenfalls anwesende Künstler schrieb den Schreihälsen ins Stammbuch „Ihr wollt die ganze Zeit für eure Rechte oder für die abendländischen, christlichen Werte kämpfen. Schämt euch, denn ihr macht es nicht. Ihr habt nicht einmal dem Pfarrer erlaubt zu sprechen. Jeder darf hier seine Meinung sagen. Auch ihr. Aber man macht das mit Kultur und man sagt das gesittet.“

Da erklärt ein Deutscher mit Wurzeln im sogenannten Morgenland den angeblichen Verfechtern und Rettern des Abendlandes, dass sie ihren hehren Ansprüchen nicht ansatzweise selbst genügen. Das halte ich für einen echten Lichtblick und für die Chance, mal durchzuatmen und sachlich zu fragen, was hier eigentlich passiert?

1.) Ein „Monument“ (aus dem engl. Mahnmal, Erinnerungsmal, Grabmal) wird ins Herz einer Hauptstadt gesetzt – zeitlich befristet. Es ist eine Provokation, die da geschieht. Provokation kommt von „provocare“ - „hervorrufen, herausrufen, reizen, auffordern“. Wir halten fest. Das ist dem Künstler gelungen, denn er ruft viele Reaktionen hervor. Damit muss er, müssen wir umgehen.
2.) Die solchermaßen verärgerten Zeitgenossen machen ihrem Unmut Luft und reden von „Schrottplatz“. Das ist nachvollziehbar und logisch, denn die Busse sind ausrangiert und werden verschrottet und stehen nur bis April auf dem Neumarkt. Einen echten Schrottplatz ausrangierter Autos fände ich dort auch nicht gut, aber hier geht es um die Transformation eines Bildes aus dem Bürgerkrieg in Aleppo in unser friedliches Deutschland, das Kriege nur zu gut kennt, allerdings die meisten nur aus den Erzählungen der Altvordern oder von Filmen, die gern blutrünstig sein dürfen: „es ist ja nur Kunstblut“.
3.) Hier plötzlich, und genau das wollte der Künstler provozieren, werden wir mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert. Hier können wir ihm nicht mehr ausweichen. Hier müssen wir hinsehen und sehen gleich daneben, was Menschen aus Schrott und Steinhaufen alles wieder auferstehen lassen könn(t)en. Darüber will der Künstler ins Gespräch kommen. Der Krieg ist scheinbar ganz weit weg und geht uns nichts an. Aber das stimmt nicht. Er ist mittels dreier Busse plötzlich mitten unter uns, so wie die Flüchtlinge, die uns mit ihrem Elend konfrontieren, das auch durch deutsche Waffen entstand, deren Produktion gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland schafft. Dieser Krieg geht uns sehr viel mehr an, als wir es gern (wahr) hätten.
4.) Mit den weiteren Schreien entlarven sich die selbstbehaupteten Bewahrer des Abendlandes selbst. Wer „entartete Kunst“ ruft, spricht die Sprache der Volksmörder, die nicht nur viele Menschenleben aus anderen Völkern auf dem Gewissen haben, sondern auch durch ihr unsägliches Handeln ein riesiges Leid über das deutsche Volk brachten. Mir will nicht einleuchten, wie am 13. Februar ernsthaft Deutsche für die Opfer des „Bombenterrors der Alliierten“ auf die Straße gehen und dabei völlig vergessen, dass diese Bombardements eine (wenn auch schwer erträgliche) Antwort auf das zuvor menschenverachtende Handeln der deutschen Nationalsozialisten war. Wir können doch nicht nur die unschuldigen tausenden Opfer der Bombenabwürfe über deutschen Städten beklagen und die millionenfachen Opfer in ganz Europa zuvor unerwähnt lassen. Hätte Deutschland keinen Krieg angefangen, wären die deutschen Städte nicht bombardiert worden. Der 13. Februar sollte deshalb als ein „Asche aufs Haupt“-Tag begangen werden. Wenn schon der Opfer gedacht wird, dann aller, gleichberechtigt und nicht in Abstufungen, als wäre das eine Leben mehr wert als das andere. Dazu passen keine lauten Schreie, sondern nur das stumme Klagen und der gefasste Vorsatz, dass nie wieder ein Krieg von deutschem Boden ausgehen dürfe - auch kein „Krieg der Worte“, in dem wir uns schon längst wieder befinden, mit all den angstschürenden Wutreden sogenannter Volksverteidiger, wie des Schweizers Bernhard Schaub in dieser Woche in Dresden.
5.) Was am meisten verstört ist die mit keiner Logik zu fassende Anklage „Volksverräter“. Sie ist unvernünftig und bar jeden Verstandes. Wer das ruft zeigt, dass er überhaupt keinen Durchblick hat, denn ein Volk wird nicht verraten, wenn es sich seiner Geschichte stellt und daraus lernt, sondern allenfalls dadurch, dass Fehler ohne Sinn und Verstand wieder und wieder gemacht werden. Hier wird sich nicht einmal der Anschein gegeben, über irgendetwas nachzudenken. Da werden Parolen gegrölt, die immer und überall zu passen schienen, bar jeder Argumente. Ihr wiederholtes Skandieren mag für die Schreienden eine beruhigende und scheinbar bestätigende Wirkung haben, sie werden dadurch aber nicht wahrer. Sie erinnern fatal an die Diktion von Josef Goebbels Rede am 24.02.1943 vom „Totalen Krieg“, als durch immer und immer wiederholte Formeln eine tausendfache Zuhörerschaft de facto ihre eigene Hinrichtung jubelnd beklatschte.

Ich bekenne, dass auch ich mich erst an den Anblick der Busse gewöhnen musste, dass ich aber immer mehr zu der Überzeugung gelange, dass solche Monumente nötig sind, um die Abspaltung unserer Emotionen von den konkreten Ereignissen im Morgenland zu verhindern. Ein Abendland gibt es nur mit einem Morgenland, ein Licht nur mit Schatten. Wir dürfen nicht die Augen vor dem schließen, was uns mit dem Monument zugemutet wird: der Krieg ist näher als wir denken, wir müssen das unsere dazu tun, dass er beendet wird. In den Firmen, die Waffen herstellen, in den politischen Gremien, die die Friedenslösungen schaffen könnten und vor allem in uns und unseren Köpfen. Hören wir auf, auf die scheinbar leichten Lösungen zu vertrauen und stellen wir sie in Frage. Laufen wir nicht denen nach, die vorangehen und vorgeblich genau wissen, wie es geht, sie könnten sich als (Ver)Führer erweisen.
Die Probleme sind groß, doch der Allmächtige ist größer. Ihm wollen wir uns anvertrauen und auf sein Wort hören und nicht mitschreien mit denen, die sich selbst und ihre (Vor)Urteile nur bestätigen wollen, ohne sie zu prüfen und zu hinterfragen. Gehen wir diesen Menschen nicht auf den Leim, gehen wir ihnen lieber nach und bleiben wir hartnäckig im Bemühen, in Ihnen ebenfalls G'TTes Ebenbild zu sehen, um das es sich zu ringen lohnt. So werden wir zu den Zeugen, zu denen uns G'TT berufen hat: zu Zeugen seiner Liebe in und zu dieser Welt.
Superintendent Kristóf Bálint

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